Geht der Gesetzentwurf der Bundesregierung auf die Vorschläge aus unserer Petition und Studie ein?
An wen richtet sich die Petition?
Was ist das Ziel der Online-Petition “Perspektive statt Befristung”?
Was sind die Inhalte der Petition?
Verbirgt sich hinter der Petition eine Partei oder Organisation?
Kann ich die Petition noch unterzeichnen?
Warum werden in der Petition außer-hochschulische Einrichtungen betont?
Blockiert die unbefristete Vergabe von Stellen Arbeitsplätze?
Heisst “unbefristet”, dass man für immer an demselben Arbeitsplatz arbeiten muss?
Ich finde, dass in der Petition Aspekte fehlen. Soll ich sie trotzdem unterschreiben?
Was ist mit Wissenschaft und Mobilität?
Was ist mit der “Erneuerungsfähigkeit” der Wissenschaft?
Warum werden “100.000 Unterschriften” benötigt, gibt es nicht einen “Grenzwert” von 50.000?
Wird die Petition auch überreicht, wenn weniger als 50.000 Unterschriften zusammenkommen sollten?
Im März 2014 wurde eine Gesetzesvorlage zur Streichung der sachgrundlosen Befristung abgelehnt. Was bedeutet
das ?
Im Mai 2014 haben sich die Spitzen der Regierungskoalition auf die Verteilung der sechs Milliarden Euro
(”Bildungsmilliarden”) geeinigt. Gibt es dadurch mehr unbefristete Stellen?
Hat der Bund überhaupt Möglichkeiten etwas zu ändern?
Ist die Aufhebung des Kooperationsverbotes bereits ausreichend zur Lösung des Befristungsproblems?
Geht der Gesetzentwurf der Bundesregierung auf die Vorschläge aus unserer Petition und Studie ein?
Nein.
An wen richtet sich die Petition?
Adressaten der Petition sind die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Frau Dr. Johanna Wanka (CDU), und der
Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Herrn Sigmar Gabriel (SPD).
Aus den Etats von Bundesbildungsministerium und Bundeswirtschaftsministerium wird der weit überwiegende Teil der
Bundesmittel für Forschung und Entwicklung bereitgestellt [Bundesforschungsbericht 2012]. Ihre Vertreter sind zudem Mitglied
in den Beratungs- oder Aufsichtsgremien zahlreicher Wissenschaftseinrichtungen.
Was ist das Ziel der Online-Petition “Perspektive statt Befristung”?
Die Online-Petition verfolgt das Ziel, wieder einen gesunden Arbeitsmarkt im Wissenschaftsbereich zu verwirklichen.
Das erfordert:
•
Erhöhung des Anteils unbefristeter Arbeitsverhältnisse im Wissenschaftsbereich
•
Umbau der Wissenschaftsförderung: Befristung von Inhalten, nicht von Mitarbeitern
•
Verbesserung des gesetzlichen Befristungsschutzes
Um dieses Ziel zu erreichen, enthält die Petition 5 konkrete Vorschläge.
Was sind die Inhalte der Petition?
Es werden 5 konkrete Forderungen aufgestellt bzw. Vorschläge gemacht:
•
Weiterentwicklung des Wissenschaftszeitvetragsgesetzes: Unterscheidung zwischen Hochschulen und
außerhochschulischen Einrichtungen, einrichtungsbezogene Begrenzung des Befristungsanteils
•
Umbau der Wissenschaftsförderung: Im Unterschied zu Sachmitteln sollen Personalmittel vermehrt unbefristet vergeben
werden.
•
Streichung der zweijährigen “sachgrundlosen Befristung” im Teilzeit- und Befristungsgesetz.
•
Vorbildfunktion der staatlichen Forschungseinrichtungen (”Ressortforschung”)
•
Transparenz der Befristungssituation in den Wissenschaftseinrichtungen
Ein zentraler Punkt ist also neben dem Umbau der Wissenschaftsförderung die Weiterentwicklung des
Wissenschaftszeitvertragsgesetzes. Zur Zeit ist hier die Befristung personenbezogen geregelt, d.h. der Arbeitnehmer trägt
letztlich das alleinige Befristungsrisiko. Hier soll ein institutionelles, begrenztes “Befristungskontingent” unterhalb des heutigen
Niveaus festgelegt werden, das eine Wissenschaftseinrichtung nicht überschreiten darf. Im Gegenzug soll vermehrt die
Förderung unbefristeter Stellen erfolgen.
Verbirgt sich hinter der Petition eine Partei oder Organisation ?
Nein, die Petition wurde rein “privat” gestartet. Hinter der Petition verbirgt sich weder eine bestimmte Partei noch eine andere
Organisation.
Kann ich die Petition noch unterzeichnen?
Nein, die Zeichnungsfrist ist leider beendet. Aber unabhängig davon können Sie sich individuell an Ihre
Bundestagsabgeordnete/Ihren Bundestagsabgeordneten mit Ihren Vorstellungen zur Reform des Wissenschaftssystems
wenden, oder in Leserbriefen etc. Ihre Meinung hör- und sichtbar machen.
Warum werden in der Petition außer-hochschulische Einrichtungen betont?
Die Situation des Mittelbaus an den Universitäten ist mindestens ebenso dramatisch, und die Vorschläge der Petition dienen
faktisch der Verbesserung der Situation sowohl an außer-hochschulischen Einrichtungen als auch an Hochschulen. Die
Petition richtet sich allerdings an zwei Kabinettsmitglieder der Bundesregierung, die Hochschulen liegen dagegen im
Zuständigkeitsbereich der Länder. Rund 80% der Wissenschaftsausgaben des Bundes fließen in außerhochschulische
Forschungseinrichtungen [Forschungsbericht 2012], wobei der Bund im Rahmen des Hochschulpaktes hier zusätzlich
Verantwortung übernimmt.
Auch an Hochschulen haben Tätigkeiten nach der Promotion oftmals keinen Qualifizierungs- oder Ausbildungscharakter mehr,
der eine Befristung rechtfertigen könnte. Gleichzeitig haben sie durch ihren Lehrauftrag zum Teil andere Rahmenbedingungen
als außerhochschulische Forschungseinrichtungen wie z.B. Einrichtungen der Leibniz- oder Helmholtz-Gemeinschaft oder der
Ressortforschung. Diese Einrichtungen sind nicht primär Ausbildungsstätten, sondern bilden einen wesentlichen Teil des
wissenschaftlichen Arbeitsmarktes - oder eben nicht.
Blockiert die unbefristete Vergabe von Stellen Arbeitsplätze?
Dies könnte eine Sorge sein. Tatsächlich ist es aber erst die Entfristung, die aus einem “Job” einen Arbeitsplatz macht. In
diesem Sinn könnte man sagen, dass so also erst Arbeitsplätze geschaffen werden.
Um ein kontinuierliches Stellenangebot sicherzustellen, sieht die Petition zum einen ein Befristungskontingent vor. Zum
anderen liegt es wie überall in der Verantwortung des Arbeitgebers, durch kluge Personalpolitik eine gesunde Altersstruktur zu
erzielen. Sie gewährleistet, dass immer wieder (unbefristete) Stellen frei werden. Indem die unbefristete Einstellung von der
Mangelware zum Normalfall wird, erlaubt dies zudem erst die freiwillige Flexibilität als Chance und Möglichkeit.
Heisst “unbefristet”, dass man für immer an demselben Arbeitsplatz bleiben muss?
Nein. “Unbefristet” heisst nicht “verbeamtet”. Es ist eine Möglichkeit, kein Zwang. Man hat natürlich die Möglichkeit, sich auf
andere Stellen zu bewerben (die im Idealfall wieder unbefristet sind).
Ich finde, dass in der Petition Aspekte fehlen. Soll ich sie trotzdem unterschreiben?
Ja - Sie haben die Möglichkeit, der Online-Petition fehlende Aspekte hinzuzufügen, indem Sie mit Ihrer Unterschrift einen
Kommentar verfassen, der dann auf der Seite mit veröffentlicht wird. Die Kommentare werden als Teil der Petition mit
überreicht, und auf solche Ergänzungen (z.B. zur 12-Jahres-Regel) wird soweit möglich explizit hingewiesen. Ein Beispiel
finden Sie unter dem Menüpunkt “Petition” in Punkt 1) des Textes.
Ergänzungen sollten, wenn möglich, nicht als “Contra-Argument” in der Abteilung “Debatte” gepostet werden. Eine wichtige
Funktion der Petition ist, gemeinsam ein starkes Signal an die Politik zu senden.
Was ist mit Wissenschaft und Mobilität?
Der wissenschaftliche Austausch und das Sammeln von Erfahrungen in anderen Einrichtungen im In- und Ausland liefern
einen wichtigen Beitrag zu erfolgreicher wissenschaftlicher Arbeit. Allerdings ist erzwungenes Nomadenleben durch
Massenbefristung der falsche Weg. Mobilität muss selbständig und individuell gestaltbar sein, mit Rücksicht auf die
Lebensphase. Positive Anreize, wissenschaftliche Austauschprogramme, “sabbaticals” oder ein vertraglich vereinbartes
Mindestkontingent von vorübergehenden externen Aufenthalten erfüllen denselben Zweck.
Was ist mit der “Erneuerungsfähigkeit” der Wissenschaft?
Mitte der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts wurden die besonderen Befristungsregeln in der Wissenschaft mit der
notwendigen “Erneuerungsfähigkeit” der Wissenschaft gerechtfertigt [Evaluationsbericht zum WissZeitVG, S. 17f.], da
Innovation den stetigen “Zustrom” neuen Personals erfordere.
Diese These wurde zu einer Zeit geäußert, als die Befristungsquote vermutlich deutlich geringer war als das Ausmaß, das sie
heute angenommen hat. Zudem hatte eine kontinuierliche Personalentwicklung noch nicht die heutige Bedeutung. Ein Modell,
nach dem nur der Austausch des Personals Innovation ermögliche, erscheint nicht mehr zeitgemäß. Dass “neue Leute neue
Ideen mitbringen” ist unbestritten, aber im 21. Jahrhundert sicher nicht die einzige Möglichkeit, Innovation und den Austausch
wissenschaftlicher Ideen zu erzielen.
Warum werden “100.000 Unterschriften” benötigt, gibt es nicht einen “Grenzwert” von 50.000?
Die Grenze/Mindestanzahl von 50.000 Unterschriften gilt für Petitionen an den Deutschen Bundestag, um die Erörterung einer
Petition im Petitionsausschuss des Bundestages zu “erzwingen”, ebenso wie eine Stellungnahme der Adressaten der Petition.
Diese Petition richtete sich zunächst direkt an Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Bundesbildungsministerin Dr.
Johanna Wanka. Auch ohne jeden “formalen Zwang” haben sie hoffentlich grundsätzlich ein offenes Ohr für die Anliegen der
Petition. Dies um so mehr, als die Befristungsproblematik im Wissenschaftsbereich auch im Koalitionsvertrag thematisiert wird.
Die “100.000” auf der OpenPetition-Seite sollten verdeutlichen, dass jede Unterschrift (und jeder Kommentar!) wichtig ist und
zählt. Ihr Diskussionsbeitrag und Ihre Unterschrift verleihen der Stimme derjenigen, die im Wissenschaftsbereich unter
befristeten Beschäftigungsverhältnissen zu leiden haben, das notwendige politische Gewicht, um Änderungen durchzusetzen.
Wird die Petition auch überreicht, wenn weniger als 50.000 Unterschriften zusammenkommen sollten?
Ja. Die Petition wird unabhängig von der Zahl der Unterschriften überreicht, auch beim Petitionsausschuss des Bundestags.
Beim Petitionsausschuss wird sie im Sommer 2015 eingereicht werden.
Im März 2014 wurde eine Gesetzesvorlage zur Streichung der sachgrundlosen Befristung abgelehnt. Was bedeutet
das ?
Ein Teil der Opposition hatte eine Gesetzesvorlage zur Streichung der sachgrundlosen Befristung eingebracht. Im zuständigen
Bundestagsausschuss wurde diese Vorlage von den Abgeordneten der restlichen Parteien aus Regierung und Opposition aus
unterschiedlichen Gründen abgelehnt bzw. nicht unterstützt und ist damit gescheitert. Im Rahmen der Stellungnahmen im
Bundestagsausschuss wurde die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung jedoch nur hinsichtlich der freien Wirtschaft
betrachtet. Die vorgebrachten Argumente machen deutlich, dass die sachgrundlose Befristung nie auf den
Wissenschaftsbereich abzielte, wo sie dennoch Anwendung findet, insbesondere für nicht-wissenschaftliches Personal. Daher
könnte es ein erster Schritt sein, Hochschulen und außerhochschulische Wissenschaftseinrichtungen von der Möglichkeit einer
sachgrundlosen Befristung auszunehmen.
Im Mai 2014 haben sich die Fraktionsspitzen auf die Verteilung der sechs Milliarden Euro (”Bildungsmilliarden”)
geeinigt. Gibt es dadurch mehr unbefristete Stellen?
Im Koalitionsvertrag waren den Ländern sechs Milliarden Euro an Entlastungen zugesagt worden, sowie mehr Geld für die
Grundfinanzierung der Hochschulen und die Fortsetzung von Hochschulpakt, Exzellenzinitiative und des Paktes für Forschung
und Innovation [Koalitionsvertrag, S. 26ff.]. Nach einer Mitteilung des Bundesfinanzimisterium vom 27.05.2014 sollen von den
sechs Milliarden fünf Milliarden “in den Bereich Wissenschaft, Schule und Hochschulen” fließen, wobei die Länder durch die
Übernahme des Bafög um jährlich 1.17 Milliarden Euro entlastet würden.
Hieraus folgt also zunächst nicht die Schaffung unbefristeter Stellen. Kritische Stimmen befürchten zudem, dass die Länder
zusätzliche oder freiwerdende Mittel unter Umständen gar nicht wie vorgesehen für den Wissenschaftsbereich verwenden
werden.
Die Große Koalition strebt daher die Streichung des Kooperationsverbotes für den Hochschulbereich aus dem Grundgesetz
an. Allerdings erfordert dies die Zustimmung des Bundesrates, d.h. der Bundesländer selbst.
Eine Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, d.h. eine gesetzliche Ermutigung zur Schaffung unbefristeter Stellen,
wäre daneben ein einfacher und effektiver Weg, die zweckentsprechende Verwendung der Mittel sicherzustellen.
Hat der Bund überhaupt Möglichkeiten, etwas zu ändern?
Ja: über die Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, das Setzen von Randbedingungen bei der Vergabe von
Fördermitteln, Erfüllung der Vorbildfunktion als guter Arbeitgeber und ganz direkt im Fall der außeruniversitären Einrichtungen.
Mit der Aufhebung der Einschränkung des Kooperationsverbotes kann er zudem auch Hochschulen direkt fördern - und damit
Einfluss ausüben.
Ist die Aufhebung des Kooperationsverbotes bereits ausreichend zur Lösung des Befristungsproblems?
Nein, dies zeigt die Erfahrung an den außer-hochschulischen Forschungseinrichtungen. Wichtig ist eine Änderung des
Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (und des Teilzeit- und Befristungsgesetzes). Allerdings ist der Gesetzentwurf des Kabinetts
vom 16.07.2014 zur Aufhebung des Kooperationsverbotes ein sinnoller Beitrag, um die dauerhafte Grundfinanzierung der
Hochschulen zu diversifizieren. Dies ist eine wichtiger Baustein dafür, dass die Änderung des
Wissenschaftszeitvertragsgesetzes auf dem wissenschaftlichen Arbeitsmarkt rasch Früchte trägt.